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Das ist bekanntlich nicht der Fall, da gerade unter diesen nicht
blos die verschiedensten, sondern auch die veränderlichsten Formen gefunden werden.
Nur die Leguminosen, wie Pisum, Phaseolus, Lens, deren Befruchtungs-Organe durch das Schiffchen geschützt sind, machen davon eine bemerkenswerthe Ausnahme. Auch da sind während einer mehr als 1000jährigen Cultur unter den mannigfaltigsten Verhältnissen zahlreiche Varietäten entstanden, diese behaupten jedoch unter gleich bleibenden Lebensbedingungen eine Selbstständigkeit, wie sie wild wachsenden Arten zukommt. Es bleibt mehr als wahrscheinlich, dass für die Veränderlichkeit der Culturgewächse ein Factor thätig ist, dem bisher wenig Aufmerksamkeit zugewendet wurde. Verschiedene Erfahrungen drängen zu der Ansicht, dass unsere Culturpflanzen mit wenigen Ausnahmen Glieder verschiedener Hybridreihen sind, deren gesetzmässige Weiterentwicklung durch häufige Zwischenkreuzungen abgeändert und aufgehalten wird. Es ist der Umstand nicht zu übersehen, dass die cultivirten Gewächste meistens in grösserer Anzahl neben einander gezogen werden, wodurch für die wechselseitige Befruchtung zwischen den vorhandenen Varietäten und mit den Arten selbst die günstigste Gelegenheit geboten wird. Die Wahrscheinlichkeit dieser Ansicht wird durch die Thatsache unterstützt, dass unter dem grossen Heere veränderlicher Formen immer einzelne gefunden werden, welche in dem einen oder anderen Merkmale constant bleiben, wenn nur jeder fremde Einfluss sorgfältig abgehalten wird. Diese Formen entwickeln sich genau eben so, wie gewisse Glieder der zusammengesetzten Hybridreihen. Auch bei dem empfindlichsten aller Merkmale, bei jenem der Farbe, kann es der aufmerksamen Beobachtung nicht entgehen, dass an den einzelnen Formen die Neigung zur Veränderlichkeit in sehr verschiedenem Grade vorkommt. Unter Pflanzen, die aus einer spontanen Befruchtung stammen, gibt es oft solche, deren Nachkommen in Beschaffenheit und Anordnung der Farben weit auseinandergehen, während andere wenig abweichende Formen liefern, und unter einer grösseren Anzahl einzelne getroffen werden, welche ihre Blumenfarbe unverändert auf die Nachkommen übertragen. Die cultivirten Dianthus-Arten geben dafür einen lehrreichen Beleg.
Ein weiss blühendes Exemplar von Dianthus Caryophyllus, welches selbst von einer weissblumigen Varietät abstammte, wurde während der Blüthezeit in einem Glashause abgesperrt; die zahlreich davon gewonnenen Samen gaben Pflanzen mit durchaus gleicher weisser
Blüthenfarbe.
This, however, is not the case, as we know, because it is precisely among these forms that not only the most diverse, but also the most variable forms are found. Only the Leguminosae like Pisum, Phaseolus, Lens, whose fertilisation organs are protected by the keel, provide a noteworthy exception from this. Even in this case, numerous varieties have originated under multifarious conditions in over 1000 years of cultivation[;] these maintain, however, the same autonomy under constant conditions of life, as the one that characterises wild growing species.
It remains more than probable that a factor is acting on the variability of cultivated plants which so far has received little attention. Various experiences enforce the view that our cultivated plants, with few exceptions, are members of different hybrid series, whose lawful further development has been altered and delayed by frequent intercrossings. The circumstance cannot be overlooked that cultivated plants are mostly grown in larger numbers next to each other, which affords most favourable conditions for mutual fertilisation between existing varieties and with the species themselves. The likelihood of this view is supported by the fact that among the huge array of variable forms one always finds some which remain constant in one or the other trait, as long as all foreign influence is carefully held away. These forms develop in exactly the same way as certain members of the composite hybrid series. Even in the most sensitive trait of all, that of colour, it cannot escape careful observation that the tendency for variability occurs in very differing degrees in the individual forms. Among plants which arise from a single spontaneous fertilisation, there are some whose descendants widely diverge with respect to the quality and arrangement of colours, while others deliver forms that deviate little only, and some are encountered among a larger number [of plants] that transmit their flower colour unaltered to their descendants. Cultivated Dianthus species provide instructive evidence for this. A white-flowering specimen of Dianthus Caryophyllus, which had itself arisen from a white-flowered variety, was shut up a greenhouse for the duration of the flowering period; the many seeds obtained from it gave plants with entirely identical white flower colour.
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